Klappe, die Zweite!
Klasse der Geschwister-Scholl-Schule dreht Filme über Mobbing, Tod und Trauer
Bärbel ScholzeGanz schön schwere Kost: Die Jugendlichen filmen zum Thema Tod und Trauer.
Die 10. Klasse der Geschwister-Scholl-Schule in Rodgau-Hainhausen arbeitet Themen wie Mobbing und Tod filmisch auf und hat dafür sogar schon einen Preis gewonnen. Dank Fördergelder geht es weiter.
29.10.2020
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Autor: Heike Gels
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Von Barbara Scholze
Sie erzählen eine Geschichte, die sie in Teilen vielleicht selbst oder in ihrer Umgebung erlebt haben. Die Schülerinnen und Schüler der jetzigen Klasse 10aG der Geschwister-Scholl-Schule in Rodgau-Hainhausen haben gemeinsam mit ihrem Lehrer, Pfarrer Benjamin Graf, den Religionsunterricht in eine Videowerkstatt verwandelt. Und dafür nicht nur Unterstützer gefunden, sondern mit dem Endprodukt sogar einen Preis gewonnen. Für den Clip »Vom Gemobbten zum Mobber« wurde die Klasse beim »YoungClip AWARD« der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau mit dem »Spirit AWARD« und einem Preisgeld von 500 Euro ausgezeichnet.
Im Mittelpunkt des Kurz-Videos steht ein Vater mit zwei halbwüchsigen Kindern, die den Unfalltod der Mutter verkraften müssen. Der Sohn glaubt, Schuld an dem Tod zu haben, die Tochter rückt in die Lieblingsposition beim Vater, dieser verachtet den Jungen umso mehr und behandelt ihn miserabel. Sprüche wie »Du bist so eine Enttäuschung« muss der Junge immer wieder einstecken. Die Folge: In der Schule gibt der Junior Frust und Trauer eins zu eins an seine Mitschüler weiter. Erst als er es schafft, offen und ehrlich mit seinem Vater zu reden, wendet sich das Blatt.
Hier geht's zum Video
Während des kompletten vergangenen Schuljahres, also in ihrer 9. Klasse, haben die Jugendlichen an dem jetzt preisgekrönten Werk gearbeitet. »Es war etwas ganz anderes als der normale Frontalunterricht«, ist mit das erste Fazit, das sie ziehen. Zu Beginn ihrer filmischen Karriere sei es um die möglichen Themen gegangen. Auch Beiträge zu Liebe, Sex oder Partnerschaft hätten zur Auswahl gestanden. Dass sie dann auf herausfordernde Inhalte wie Mobbing, Tod, Trauer, Missverständnisse in der Familie und schulisches Versagen eingegangen sind, ist für die jungen Frauen und Männer nichts Besonderes. »Jeder hat halt so seine Ideen beigesteuert, anschließend haben wir Gruppen gebildet und die Handlung erarbeitet«, erzählt Celine. Im Laufe der Zeit sei das Skript immer wieder angepasst worden. »Wir haben vieles auch spontan gemacht«, sagt Dinah.
Herausgekommen sind beeindruckende Szenen, der blutige Unfall der Mutter, die Trauerfeier auf dem Friedhof, der Wutanfall des Vaters zu Hause und der des Sohnes in der Schule. Es sei die Aufgabe des Religionsunterrichtes, jugendrelevante Themen zu erarbeiten, stellt Benjamin Graf fest. Der Griff mit dem Video intensiviere die Aufgabe.
»Kamera bedeutet, eine Botschaft zu senden, in Rollen und Emotionen zu denken und für einen Perspektivwechsel bereit zu sein«, sagt der Pfarrer. Dazu käme die Suche nach Assoziationen, auch im Zusammenhang mit Bibeltexten. Dem Lehrer verbleibe es, anzuleiten, zu korrigieren und Denkanstöße zu geben. »Auf jeden Fall ist es spürbar, dass die Schüler die Inhalte anders wahrnehmen.« Alle 29 Jugendliche einzubinden sei nicht so leicht gewesen, habe aber geklappt. Nicht jeder habe vor die Kamera gewollt und mit Arbeiten rund um Maske, Ton, Licht, Kamera, Schnitt und Regie hätten alle ihren Job gefunden. Fast anstrengender sei es gewesen, das Zeitlimit eines Kurz-Clips einzuhalten. »Am Schluss mussten wir zwei Szenen rausnehmen«, verrät Laurenz.
Von Anfang des Projektes an hatten der Pfarrer und die Klasse auf ein professionelles Equipment gesetzt. »Wir wollten nicht mit der Handykamera arbeiten, Bild und vor allem der Ton sollten schon besser sein«, sagt Graf. Indes sei es bei 29 Schülern schwierig gewesen, mit nur einer Kamera zu agieren.
Dieses Problem haben der Lehrer und die jungen Filmschaffenden jetzt gelöst. Benjamin Graf ist es gelungen, Fördergelder einzutreiben, Unterstützung kam unter anderem vom Kulturministerium und der Evangelischen Jugend in Hessen und Nassau. »Jetzt können wir insgesamt drei Sets ausstatten«, äußert sich Graf erfreut. Das wird das Filmteam auch brauchen. Die Arbeiten für das Projekt in ihrer jetzigen Abschlussklasse haben begonnen, auch dieses Mal ist es schwere Kost: Tod und Trauer stehen im Konzept, eine selbstmordgefährdete Mutter als Protagonistin haben sich die Schüler dabei schon ausgedacht.